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Die Exekution
Am Vormittag des 7. November 1944, dem 27. Jahrestag des Sturms auf das Winterpalais in Sankt Petersburg als Beginn der Oktoberrevolution in Rußland, die nach unserem Kalender eigentlich eine „Novemberrevolution“ war, und heute auf den Tag genau vor siebzig Jahren, wurde um 10:20 Uhr im „Ichigaya-Gefängnis“ (Ichigaya keimusho 市谷刑務所) in Tôkyô der deutsche Journalist und sowjetische Spion Richard Sorge zum Galgen geführt. 16 Minuten später war er tot. Sorge war vom so genannten „Vierten Büro“ des Militärischen Nachrichtendienstes der Sowjetunion angeworben worden und hatte zuerst in China und ab 1933 in Japan einen Spionagering, über dessen Details ich schon früher berichtete, aufgebaut. Der Verlauf der Hinrichtung ist der Reproduktion eines japanischen Protokolls zu entnehmen, das als Teil eines Berichts aus dem August des Jahres 1947 in englischer Sprache zur Spionageaffäre, die mit dem Namen Richard Sorges untrennbar verbunden ist, im August 2004 zufällig von dem an der Geschichte sozialer Bewegungen interessierten Historiker und Aktivisten Watabe Tomiya 渡部富哉 in einem der Antiquariate der japanischen Hauptstadt im Stadteil Kanda entdeckt wurde.
Zuvor, um 9:33 Uhr, hatte die Hinrichtung durch den Strang eines Mitstreiters und Mitverschworenen Sorges, jene von Ozaki Hotsumi 尾崎秀実 (1901–1944), eines Journalisten, begonnen. Bevor dessen Tod um 9:51 Uhr festgestellt wurde, habe dieser noch zweimal Amida-Buddha angerufen (namu Amida butsu 南無阿弥陀仏). Sorge seinerseits habe sich unmittelbar vor der Vollstreckung seines Todesurteils noch bei den Anwesenden für Ihre Freundlichkeit bedankt („Mina-sama go-shinsetsu arigatô“ 「皆さまご親切有り難う」).
Gerüchte, die Hinrichtung habe nicht stattgefunden
Mit dem umfassenden, für das Oberkommando der Alliierten Streitkräfte in Japan (GHQ) erstellten Bericht wurde offenbar das Ziel verfolgt, wenige Jahre nach Kriegsende intern Gerüchte zu klären, nach denen die Hinrichtungen gar nicht stattgefunden hätten, um der Sowjetunion, mit der Japan zum Zeitpunkt der Veurteilung noch in einem Neutralitätspakt verbunden war, keinen weiteren Vorwand für einen gegen Japan gerichteten Kriegseintritt zu bieten. Diese Gerüchte hielten sich in gewissen Kreisen noch bis in die 1950er Jahre, entbehrten aber jeder Grundlage. So spekulierte beispielsweise noch 1952 der Botschafter des Deutschen Reiches in Japan von 1943 bis 1945, Heinrich Georg Stahmer (1892–1978), in einer Publikation zu „Japans Niederlage – Asiens Sieg. Aufstieg eines größeren Ostasien“ (Bielefeld 1952), in der er der Frage nachzugehen versuchte, ob Japan letztlich doch gesiegt habe, über den Verbleib Sorges:
„Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Sorge lebt und heute höchst aktiv im Hintergrunde oder innerhalb des Kreises intellektueller Moskauagenten wirkt, die so verhängnisvoll die Widerstandskraft und Abwehrbereitschaft der Völker gegen den Bolschewismus schwächen, wie er es sein ganzes Leben hindurch getan hat.“ (S. 86)
Die Haltlosigkeit dieser Spekulationen wurde sehr schnell deutlich. Ungeachtet des diplomatisch angespannten Verhältnisses zur Sowjetunion und eines für Japan krisenhaften Kriegsverlaufs hatte sich die Besondere Höhere Polizei (Tokubetsu kôtô keisatsu 特別高等警察, kurz: Tokkô 特高), als für ideologisch motivierte Verbrechen zuständige Sicherheitsbehörde, im Konzert mit der Staatsanwaltschaft entschieden, Sorge und weitere Angehörige seines Spionagerings nicht wegen zwischenstaatlicher Spionage, sondern wegen politisch motivierter Geheimdiensttätigkeit zugunsten der Kommunistischen Internationale in einem für das politische System Japans der Zeit so typischen antikommunistischen Furor mit der vollen Härte des „Gesetzes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“ (chian iji-hô 治安維持法) zu verfolgen.
Der „dankbare“ Spion?
Persönlich erscheint die „Dankbarkeit“ Richard Sorges für erwiesene „Freundlichkeiten“ – auch und gerade im Angesicht des Galgens und der in der Regel nicht zimperlichen Verhörmethoden der Besonderen Höheren Polizei – überraschend. Gleichwohl zeigte sich, der Berichterstattung in der Morgenausgabe der japanischen Tageszeitung Asahi shinbun 朝日新聞 vom 17.10.2004 (S. 3) zufolge, auch Watabe Tomiya zufrieden, daß man nun gut verstehe, daß der Tod der beiden, der auf so vielfältige Weise dargestellt worden sei, letztlich doch beherrscht und ruhig gewesen sei.
Vor allem japanische Printmedien scheinen gerne – nicht zuletzt wohl auch wegen der persönlichen Note – auf diese „Dankbarkeit“ zu verweisen. Als am 1. Juni 2002 der Polizist Ôhashi Hideo 大橋秀雄, der die Ermittlungen gegen Sorge geleitet hatte, im Alter von 99 Jahren verstarb, erwähnte die Asahi shinbun in einem Nachruf (Abendausgabe, 24.06.2002, S.3) natürlich die Widmung Sorges für Ôhashi, mit der er eine Übersetzung seiner Einlassungen zu seiner Spionagetätigkeit in China und Japan versehen hatte. Diese lautet vollständig:
„For Mr. Ohashi.
In memory of his most profound and most kindly investigation of my case during the winter 1941/42, I express my deep thankfulness to him as the leader of the investigation. I will never forget his kindness during the most difficult time of my eventful live.
Richard Sorge“
(Criminal Affairs Bureau, Ministry of Justice: An authenticated translation of „Sorge’s own story“, February 1942 (司法省刑事局:ゾルゲ事件(ニ)、昭和17年2月). Prepared and translated by the Military Intelligence Section, General Headquarters Far East Command: Tokyo/Japan, Dec 15, 1947, o.S..)
Die zwei Sichtweisen der Forschung
In einem internationalen Umfeld scheint die Forschung zur Spionageaffäre um Richard Sorge inzwischen weitgehend ruhig zu verlaufen. Meinem Eindruck nach scheint es gegenwärtig eher darum zu gehen, die einzelnen Mitglieder des Sorge-Netzwerkes in China und Japan zu identifizieren und ihre Beziehungen untereinander zu beleuchten. Unmittelbar nach Kriegsende, mit dem beginnenden Kalten Krieg, war dies anders. Vor allem der Geheimdienstbeauftragte des Oberkommandieren der Alliierten Streitkräfte in Japan, Charles Andrew Willoughby (1892 in Heidelberg geboren, 1910 in die USA ausgewandert, 1972 verstorben), sah die Sorge-Affäre als Zeichen einer weltweiten kommunistischen Verschwörung, die er während seiner Tätigkeit im aktiven Dienst bis 1951, aber auch später publizistisch aufzudecken versuchte. In der „McCarthy-Ära“ zwischen etwa 1947 und 1956 gegen so genannte „un-amerikanische Umtriebe“ machte er sich daran, auf der Grundlage teils sehr einseitiger und unzureichender, wohl aber offizieller Darstellungen dieser Spionageaffäre, die er in seinem Buch „Shanghai Conspiracy. The Sorge Spy Ring“ (Boston 1952) verarbeitete, auch US-Bürger, z.B. die Schriftstellerin und Journalistin Agnes Smedley (1892–1950), die 1930 kurzzeitig mit Richard Sorge liiert war, als Angehörige eines kommunistischen Spionagerings zu entlarven und zu verfolgen.
Im Ostblock war Richard Sorge bis 1964, dem Jahr, in dem man ihm den Ehrentitel eines „Helden der Sowjetunion“ verlieh, nahezu vergessen. Im Anschluß erst benannte man in der DDR Straßen, Schulen und Erholungsheime nach ihm. Sein Leben und seine Tätigkeit in Ostasien wurde zum Gegenstand der schulischen Ausbildung. Auszeichnungen und Erinnerungsgaben des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) trugen das Konterfei dieses „Kundschafters des Frieden“ – so die gängige Sprachpraxis.
In der Bundesrepublik Deutschland hingegen beherrschte eine negative Sicht auf Sorge, jenen mutmaßlichen „Vaterlandsverräter“, „Säufer“ und „Frauenhelden“, das Bild auf diese Spionageaffäre. Eine Artikel-Serie im SPIEGEL aus dem Jahr 1951, in den Ausgaben 24 bis 40, unter dem Titel „Herr Sorge saß mit zu Tisch“ prägte für lange Zeit trotz gewisser Halb- und Unwahrheiten das bundesrepublikanische Bild auf Richard Sorge und die gesamte Spionageaffäre. Vor allem Eugen Ott (1889–1977), Botschafter des Deutschen Reichs in Japan von 1938 bis 1942, fühlte sich als mit Informationen zu freigiebiger Militär und Diplomat, der leichtfertig Sorge ins Vertrauen gezogen habe und so diesem Zugang zu höchstgeheimen Informationen ermöglichte, falsch dargestellt. Seine Einwände waren berechtigt, wie wir heute wissen. Einen Eindruck von seinen vielfältigen Versuchen, diesem Bild zu widersprechen und entgegenzuwirken, kann man erhalten, wenn man seinen, beim Münchener „Institut für Zeitgeschichte“ verwahrten Nachlaß studiert.
Zur aktuellen Forschung in Japan
Eine umfassende Beschreibung des gegenwärtigen Forschungsstandes in Japan kann an dieser Stelle nur bedingt geleistet werden. Aus den Veröffentlichungen in japanischen Tageszeitungen der letzten 15 Jahre und einer eher oberflächlichen Recherche zu jüngsten Publikationen in japanischer Sprache entsteht der Eindruck, im Zentrum der japanischen Forschung stehe gegenwärtig die Rehabilitierung eines japanischen Kommunisten namens Itô Ritsu 伊藤律 (1913–1989), der seit 1946 dem Politbüro der Kommunistischen Partei Japans angehörte und 1955 aus der Partei ausgeschlossen worden war. In der Augustausgabe 1942 der „Monatsnachrichten der Besonderen Höheren Polizei“ (Tokkô geppô 特高月報) fand sich der Satz, daß Itô im Juli 1940 während eines Polizeiverhörs durch die Preisgabe des Namens von Kitabayashi Tomo 北林トモ (1886–1945), die 1939 als Mitglied der Kommunistischen Partei der Vereinigten Staaten in ihr Heimatland zurückgekehrt war, eine Verhaftungswelle angestoßen hatte, die über die Festnahme eines weiteren Mitglieds der KP der USA, den Kunstmaler Miyagi Yotoku 宮城与徳 (1903–1943), der seinerseits tatsächlich dem Spionagering Richard Sorges angehörte, letztlich zur Aufdeckung der gesamten Affäre geführt habe.
Als im Februar 1949 ein weiterer, umfangreicher Bericht des Oberkommandos der Alliierten Streitkräfte zur Sorge-Affäre auch der japanischen Presse zugänglich gemacht wurde, fand sich darin ebenso diese Behauptung. Vor dem Hintergrund innerparteilicher Auseinandersetzungen innerhalb der Kommunistischen Partei Japans entstand der Eindruck, Itô habe seine Seele als Spion an die Besondere Höhere Polizei und später an das GHQ verkauft. Aufgrund einer immer rigider werdenden Kontrolle kommunistischer Agitation in Japan entschloss sich Itô, nach China zu gehen, wo er 1953 zunächst unter Hausarrest und dann 27 Jahre lang in Gefängnissen und Arbeitslagern interniert wurde. Erst 1980 wurde es ihm erlaubt, in sein Heimatland, in dem er aufgrund der genannten Berichte als Verräter galt, gesundheitlich bereits stark angeschlagen, zurückzukehren. Bis zu seinem Tod bemühte er sich vergeblich um seine Rehabilitierung. Erst 2007 gelang es dem Politik- und Medienwissenschaftler Katô Tetsurô 加藤哲郎 durch jüngst deklassifizierte Dokumente in US-amerikanischen Archiven nachzuweisen, daß die völlig unbegründete Betonung der Schuld Itôs zugleich Teil der konspirativen Arbeit einer geheimen Einheit innerhalb des GHQ war, die unter dem Namen „Z‑Unit“ (auch „Canon-Unit“ nach ihrem Leiter), direkt Charles Andrew Willoughby unterstellt, mit allen Mitteln den japanischen Kommunismus zu bekämpfen hatte. Anläßlich des 70. Jahrestages der Hinrichtung Sorges hat Katô in einer Taschenbuchpublikation im Frühjahr 2014 seine Forschungsergebnisse erneut zusammengestellt. Inzwischen wird die so genannte „Itô-Spion-These“ (Itô supai setsu 伊藤スパイ説) weitgehend als nicht mehr haltbar anerkannt.
Im Jahr 1994 hatte der eingangs dieses Artikels bereits erwähnte Aktivist Watabe Tomiya einen „Verein, der die Rehabilitierung Itô Ritsus fordert“ (Itô Ritsu no meiyo kaifuku o motomeru kai 伊藤律の名誉回復を求める会) gegründet. Einen großen Erfolg erreichte dieser Verein, als er 2013 anläßlich der geplanten Neuauflage des erstmals 1960 erschienen Aufsatzbandes „Japans schwarzer Nebel“ (Nihon no kuroi kiri 日本の黒い霧) des Essayisten und Kriminalschriftstellers Matsumoto Seichô 松本清張 (1909–1992) durch den Verlag Bungei shunjû 文芸春秋 erreichte, daß diesem Aufsatzband ein Hinweis auf die Nichthaltbarkeit der These, Itô sei ein Spion der Polizei und der Besatzungsbehörden gewesen, beigefügt werden solle. Hintergrund ist, daß der höchst USA-kritische Matsumoto in einem der Aufsätze dieser Anthologie unter dem Titel „Der Mann, der die Revolution verrät: Itô Ritsu“ (Kakumei o uru otoko – Itô Ritsu 革命を売る男・伊藤律) eben diese These offensiv vertritt.
Richard Sorge im Film
Spionageaffären bieten stets einen beliebten Stoff nicht nur für Dokumentarfilme, sondern ebenso für eine romanhafte oder filmische Vearbeitung. Dies gilt allemal für die Person Richard Sorges und seinen Spionagering. Zu nennen ist hier zweifelsohne exemplarisch der halb-dokumentarische Roman Hans Hellmut Kirsts „Die letzte Karte spielt der Tod“ (1955). Ebenfalls 1955 fühlte sich ausgerechnet Veit Harlan (1899–1964) berufen, als Regisseur und auf der Grundlage eines von ihm mit seinem Sohn Thomas Harlan (1929–2010) erstellten Drehbuchs unter dem Titel „Verrat an Deutschland. Der Fall Dr. Sorge“ die Sorgeaffäre zu verarbeiten. Neben dem Schweizer Schauspieler Paul Muller (geb. 1923) als Richard Sorge gab die, häufig dramatische Rollen spielend, vom Publikum mit dem nur sehr bedingt schmeichelhaften Spitznamen „Reichswasserleiche“ versehene Kristina Söderbaum (1912–2001), Ehefrau des Regisseurs, darin eine fiktive Geliebte Sorges (und Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft), die dem Spion im Gefängnis durch einen „Todeskuß“ eine Giftkapsel von Mund zu Mund weitergab, mit der ihm der Freitod ermöglicht wurde. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) war zunächst nicht bereit, den Film aufgrund vermuteter, angesichts der Biographie des Regisseurs durchaus überraschender „prosowjetischer Tendenzen“ (vgl. Der Spiegel, Ausgabe 6/1955 vom 02.02.1955, S. 34) freizugeben. Erst eine leichte Veränderung führte zu einer Zulassung der Produktion für die bundesdeutschen Filmtheater.
In Japan erschien zudem 1957 ein Spielfilm mit dem Titel (in vergleichweise freier Übersetzung) „Liebe hat ihren Ort in der Ferne fallender Sterne“ (Ai wa furu hoshi no kanata ni 愛は降る星のかなたに), in dessen Mittelpunkt, ganz auf den japanischen Markt zugeschnitten, die Person Ozaki Hotsumis stand.
1960 wurde unter dem Titel „Wer sind Sie Dr. Sorge?“ („Qui êtes-vous, Monsieur Sorge?“) mit Thomas Holtzmann (1927–2013) als Richard Sorge und Mario Adorf (geb. 1930) als Max Christiansen-Clausen (1899–1979), Sorges Funker, eine weitere Version der Geschichte unter der Regie von Yves Ciampi (1921–1982) veröffentlicht. Alleine der geradezu visionär zu nennende Titel „Spione sterben nicht im Bett“, der für diesen Film auch verwendet wurde, scheint bereits die wenig gelungene Darstellung anzukündigen. Die Kritik jedenfalls zeigte sich mehrheitlich unzufrieden.
Auch eine Filmproduktion der DEFA ist dieser Liste hinzuzufügen. Unter der Regie von Bernhard Stephan verfilmte man 1982 die Lebensgeschichte von Ruth Werner (1907–2000) unter dem Titel, den auch ihre Autobiographie trägt: „Sonjas Rapport“. Ruth Werner, die Schwester des Wirtschaftswissenschaftlers Jürgen Kuczynski, wurde in Shanghai von Richard Sorge als Spionin angeworben und arbeitet dann fortgesetzt unter dem Decknamen „Sonja“ für den sowjetischen Militärnachrichtendienst GRU.
Im Jahr 2003 wurde dann, als bisher letztes großes internationales Filmprojekt zu den Ereignissen um Richard Sorge, der Film „Spy Sorge“ (スパイ・ゾルゲ, deutscher Titel: Richard Sorge. Spion aus Leidenschaft) unter der Regie von Shinoda Masahiro 篠田正浩, als dessen letztem großen Film, mit dem schottischen Schauspieler Iain Glen (geb. 1961) als Sorge und Ulrich Mühe (1953–2007) als Botschafter Eugen Ott veröffentlicht. Wirtschaftlich war der Film nicht erfolgreich und schien ebenso in der künstlerischen Gestaltung zu enttäuschen.
Diesen Filmen, jedem zu seiner Zeit, war aber gemein, daß sie medial zu einer Popularisierung des Themas beitrugen und den Spionagefall Richard Sorge erst einem größeren Publikum – jenseits des akademischen Elfenbeinturms – überhaupt bekannt machten.
Was bleibt?
Was wird zukünftig von der Spionageaffäre um Richard Sorge, deren eigentlicher Verlauf – ungeachtet ihrer vielschichtigen Wirkungsgeschichte im Kalten Krieg – mit seiner Hinrichtung am 7. November 1944 einen vorläufigen Endpunkt erreichte, bleiben? In der Bundesrepublik vermutlich nicht viel mehr als die „Richard-Sorge-Straße“ in Berlin-Friedrichshain. Vielleicht wird irgendwann auch einfach vergessen sein, warum diese Straße so heißt, wie sie heißt. In der japanischen Forschung und Öffentlichkeit hingegen dürften die Aktivitäten, nicht zuletzt in dem Bemühen, Zuschreibungen durch mutmaßlich oder tatsächlich historisch falsche Interpretationen der Ereignisse zu korrigieren und ggfs. eine Rehabilitierung der Betroffenen umzusetzen, noch etwas anhalten. In diesen Fällen hat die japanische Wissenschaftswelt und Zivilgesellschaft bekanntlich einen gelegentlich überraschend langen Atem.