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Das Ende einer Ära
Am 22. Tag des 3. Monats im 14. Jahr Bunka [am 7. Mai 1817] dankte mit dem Kôkaku Tennô 光格天皇 (1771–1840, 119. Tennô von 1780 bis 1817) der seitdem letzte Tennô zugunsten seines Sohnes ab. 1779 war er von seinem entfernten Verwandten, dem Go-Momozono Tennô 後桃園天皇 (1758–1779, 118. Tennô von 1771–1779), auf Fingerzeig von dessen Tante, der letzten (abgedankten) und 10. weiblichen Tennô in der bisherigen Geschichte Japans, der Go-Sakuramachi Tennô 後桜町天皇 (1740–1813, 117. Tennô von 1762–71), unmittelbar vor dessen Tod adoptiert worden. Seine Nachfolger verstarben alle im Amt. Die gegenwärtige kaiserliche Familie leitet sich in direkter Linie vom Kôkaku Tennô ab. Nach dem Eintritt Japans in die Moderne in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war mit den Kaiserlichen Hausgesetzen von 1889 und 1947 (kôshitsu tenpan 皇室典範), die neben dem Status und der Zusammensetzung der Kaiserlichen Familie auch Fragen der Thronfolge regeln, die Abdankung eines Tennô nicht mehr vorgesehen. Nun vollzieht sich in Japan nach 202 Jahren jedoch wieder eine Zeitenwende. Am 30. April 2019 dankte der gegenwärtige Tennô ab und überläßt den Thron seinem Sohn, dem Kronprinzen ab dem 1. Mai 2019. Möglich macht dies ein Gesetz, das von der japanischen Regierung ausschließlich für diesen einen Fall erstellt und von beiden Häusern des japanischen Parlamentes verabschiedet wurde, um dem gegenwärtigen, inzwischen 85-jährigen Monarchen einen Rückzug vom Amt zu ermöglichen. Damit endet seine Herrschaftszeit mit ihrer Regierungsdevise Heisei – 平成 – „Friede überall“ in ihrem 31. Jahr am 30. April 2019 um 24 Uhr.
Die (legislative) Vorgeschichte der Abdankung
Die japanische Öffentlichkeit wurde im Sommer 2016 von der Ankündigung einer Fernsehansprache des gegenwärtigen Tennô überrascht. In dieser Ansprache am 8. August 2016 brachte der Kaiser nur indirekt, aber nicht weniger deutlich seinen Wunsch zum Ausdruck, abdanken zu dürfen, da er, damals in seinem 83. Lebensjahr, glaubte, seine Kräfte schwinden zu sehen und den Aufgaben als Symbolkaiser seinem eigenen Maßstab gemaß nicht mehr lange nachkommen zu können. Mit dem Hinweis auf das lange Siechtum seines Vaters, des Shôwa Tennô (1901–89), und die sich dessem Tod anschließenden Zeremonien lehnte er die im Kaiserlichen Hausgesetz von 1947 für den Fall der Amtsunfähigkeit des Kaisers vorgesehene Regentschaft als ungeeignet ab und verwies auf die hohe Zahl an Riten, die im Falle des Ablebens eines Monarchen im Amt zudem mit dem Zusammentreffen der Übergabe kaiserlicher Aufgaben an den Thronerben ein enormes Pensum an rituellen Verpflichtungen bedeuteten und den Nachfolger davon abhielten, seine eigene Rolle zu finden. So überraschend diese Erklärung des Kaisers für die Öffentlichkeit kam, so kompliziert dürfte der ihr vorhergehende Abstimmungsprozess mit der japanischen Regierung gewesen sein.
Am 19. Mai 2017 legte die japanische Regierung den Entwurf eines Gesetzes, des „Sondergesetzes zum Kaiserlichen Hausgesetz bezüglich der Abdankung des Tennô usw.“ (tennô no tai tô ni kan suru kôshitsutenpan tokurei-hô 天皇の退位等に関する皇室典範特例法), vor, das von beiden Häusern des japanischen Parlaments verabschiedet wurde und am 16. Juni 2017 in Kraft trat. Einher ging dieses Gesetzgebungsverfahren mit Änderungen bereits bestehender Gesetze, da dem Tennô nach seiner Abdankung eine eigene Hofhaltung gewährt wurde und die finanzielle Ausstattung des zukünftigen „Thronerbens“ (kôshi 皇嗣), des Prinzen Akishino, aufzustocken war.
Die Abdankung des Tennô wurde durch ein Sondergesetz geregelt, um eine generelle Revision des Kaiserlichen Hausgesetzes von 1947 (zunächst noch) zu vermeiden. Mit dieser wären viel grundsätzlichere Fragen, etwa zur Erweiterung des Kreises potenzieller Thronerben, zu klären gewesen. Das Gesetz ermöglichte nur in diesem einen Fall eine Abdankung und legte fest, daß der bisherige Tennô den Titel eines „abgedankten Kaisers“ (jôkô 上皇, Kurzform des historischen Titels eines dajô/daijô tennô 太上天皇, ohne im Gesetzestext explizit auf diesen zu verweisen) mit der Anrede „Kaiserliche Majestät“ (heika 陛下) führen solle. Inzwischen hat das Kaiserliche Haushaltsamt bekanntgegeben, daß in englischer Sprache der Tennô nach seiner Abdankung als „His Majesty, the Emperor Emeritus“, die Kaiserin folgerichtig als „Her Majesty, the Empress Emerita“ zu titulieren sei. Die Thronfolge des Kronprinzen erfolge „unverzüglich“. Aufgrund des Fehlens einer ausschließlich für einen Thronfolger vorgesehenen „kaiserlichen Schulung“ (teiôgaku 帝王学) lehnte Prinz Akishino es ab, den Titel eines „Kronprinzen“ (kôtaishi 皇太子) zu tragen. Das Gesetz stellt gleichwohl klar, daß für den „Thronerben“ die Bestimmungen des Kaiserlichen Hausgesetzes zum „Kronprinzen“ gälten.
Das japanische Kaiserhaus & die generelle Thronfolgeproblematik
Der kaiserlichen Familie Japans gehören gegenwärtig 18 Personen an, davon sind fünf männlich und dreizehn weiblich. Eine Besonderheit besteht darin, daß gemäß den Bestimmungen des Kaiserlichen Hausgesetzes von 1947 die weiblichen Angehörigen, die heiraten, eine Mitgift erhalten und die kaiserliche Familie zu verlassen haben. Die Höhe der Mitgift variiert je nach dem Grad der Verwandtschaft zum Tennô. Mit der Demokratisierung Japans nach der Niederlage im Asiatisch-Pazifischen Krieg (1931–45) wurden der Adel und die Seitenlinien des Kaiserhauses abgeschafft, die Institution des Tennô bzw. der Kaiserfamilie aber erhalten. Die kaiserliche Familie wurde auf die Kernfamilie des Shôwa Tennô und die Familien seiner drei Brüder beschränkt.
Zwei Brüder, die Prinzen Chichibu Yasuhito 秩父宮雍仁親王 (1902–53) und Takamatsu Nobuhito 高松宮宣仁親王 (1905–87), verstarben kinderlos. Allein der jüngste Bruder, der Prinz Mikasa Takahito 三笠宮崇仁親王 (1915–2016), hatte drei Söhne, die aber ihrerseits noch zu Lebzeiten des Prinzen verstarben. Somit gehören dem Kaiserhaus im April 2019 folgende Personen an:
- Der [125.] Kaiser von Japan (Jahrgang 1933, Geburtsname: Akihito 明仁) und die Kaiserin (Jahrgang 1934, geb. Shôda Michiko 正田美智子), verheiratet seit dem 10. April 1959;
- Der Kronprinz und ab. 1. Mai 2019 [126.] Tennô ] (Jahrgang 1960, Geburtsname Naruhito 徳仁), seine Gattin (Jahrgang 1963, geb. Owada Masako 小和田雅子) und deren Tochter Aiko 愛子 (Jahrgang 2001);
- Der Prinz Akishino Fumihito 秋篠宮文仁親王 (Jahrgang 1965), seine Gattin (Jahrgang 1966, geb. Kawashima Kiko 川島紀子), die Prinzessinnen Mako 眞子 (Jahrgang 1991) und Kako 佳子 (Jahrgang 1994) sowie der Prinz Hisahito 悠仁 (Jahrgang 2006);
[Eine Tochter des Kaiserpaares hat geheiratet und die kaiserliche Familie verlassen.]
- Der Prinz Hitachi Masahito 常陸宮正仁親王 (Jahrgang 1935), Bruder des nunmehr abgedankten Tennô, und seine Gattin (Jahrgang 1940, geb. Tsugaru Hanako 津軽華子);
- Die Prinzessin Mikasa Yuriko (Jahrgang 1923, geb. Takagi Yuriko 高木百合子), angeheiratete Tante des abgedankten Kaisers & Schwägerin des verstorbenen Shôwa Tennô;
[Die beiden Töchter der Prinzessin sind verheiratet und verließen die kaiserliche Familie.] - Die Prinzessin Nobuko (Jahrgang 1955, geb. Asô Nobuko 麻生信子), Gattin des verstorbenen Prinzen Tomohito als präsumtivem Erben des Prinzentitels Mikasa, und die Prinzessinnen Akiko 彬子 (Jahrgang 1981) und Yôko 瑶子 (Jahrgang 1984);
- Die Prinzessin Takamado Hisako (Jahrgang 1953, geb. Tottori Hisako 鳥取久子), Gattin des verstorbenen jüngsten Sohns der Prinzessin Mikasa, und die Prinzessin Tsuguko 承子 (Jahrgang 1986);
[Zwei Töchter der Prinzessin Takamado haben inzwischen geheiratet und die kaiserliche Familie verlassen.]
In den letzten Jahrzehnten wurde unter Experten eine intensive Thronfolgediskussion geführt, denn bis zur Geburt des Prinzen Hisahito 2006 wurden über 41 Jahre hinweg in der Kaiserlichen Familie ausschließlich Mädchen geboren, das Kaiserliche Hausgesetz schreibt aber die männliche Thronfolge vor. Nach der Thronbesteigung des Kronprinzen zeigt sich der Kreis derjenigen, die somit für eine Thronfolge infrage kämen, auf drei Mitglieder der Kaiserfamilie beschränkt: der Prinz Akishino, dessen Sohn Hisahito und – zumindest hypothetisch – der Prinz Hitachi als jüngerer, 83-jähriger Bruder des Tennô, der am 30. April abdankte.
Vor der Geburt des Prinzen Hisahito und, mit realistisch, nur zwei potenziellen Thronerben, den beiden Söhnen des heute abgedankten Kaisers, schien das Problem besonders drängend. Zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Reform des Kaiserlichen Hausgesetzes setzte der damalige japanische Ministerpräsident Koizumi Jun’ichirô 小泉純一郎 Ende 2004 eine Expertenkommission als persönliches Beratungsgremium ein. Diese Kommission legte Ende 2005 nach zahlreichen Anhörungen und Beratungen einen Abschlußbericht vor, in dem sie eine weitreichende, geradezu revolutionäre Reform des Kaiserlichen Hausgesetzes empfahl:
- Die weibliche Thronfolge (josei tennô 女性天皇) bzw. die Thronfolge von Kindern Kaiserlicher Prinzessinnen (jokei tennô 女系天皇);
- Die Primogenitur ohne Ansehen des Geschlechts;
- Die Aufnahme bürgerlicher Ehegatten weiblicher Tennô oder Kaiserlicher Prinzessinnen in die Kaiserliche Familie;
- Die Anerkennung des Prinzips einer ewigen Zugehörigkeit zur Kaiserlichen Familie (eisei kôzoku-sei 永世皇族制), d.h. Ablehnung eines Systems, nach dem Nachgeborene ab einer gewissen Generation automatisch aus der Kaiserlichen Familie ausscheiden;
- Die Nicht-Anerkennung eines freiwilligen Ausscheidens Kaiserlicher Prinzessinnen aus der Kaiserlichen Familie;
Mit diesen Vorschlägen zogen sich die Mitglieder des Beratungsgremiums den Zorn konservativer Gruppen, nicht zuletzt in der Liberaldemokratischen Partei (LDP) des Ministerpräsidenten selbst, zu. Selbst heute noch, nach dem Ableben einiger Ihrer Mitglieder, wird in sozialen Medien diese Kommission in toto als „linksradikal“ diskreditiert. Die Bekanntmachung der neuerlichen Schwangerschaft der Prinzessin Akishino führte dann dazu, daß Ministerpräsident Koizumi seine Reformpläne des Kaiserlichen Hausgesetzes nicht weiterführte, zumal die Prinzessin dann im September 2006 einen Sohn zur Welt brachte. Gilt mittelfristig die Thronfolge noch als gesichert, ist sich die japanische Regierung aber bewußt, daß sie früher oder später eine intelligente Lösung für die Thronfolgeproblematik wird finden müssen, wenn sie auch angesichts einflußreicher konservativer Kreise in den eigenen Reihen lieber auf Veränderungen des rechtlichen Rahmens verzichtete.
Die Abdankung als Prozeß
In Japan ist die Abdankung eines Monarchen kein Einzelereignis, sondern als eine Kette verschiedener erforderlicher Zeremonien zu verstehen, da der Tennô gemäß der Verfassung des Landes nicht nur die Funktion eines „Symbol des Staates und der Einheit des japanischen Volkes“ auszufüllen hat, sondern zudem der Oberpriester des Shintô, jener indogenen Religion Japans, ist. Der Abdankungsprozeß nahm im März 2019 seinen Anfang und erstreckte sich bis zum heutigen Tag.
12. März 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die bevorstehende Abdankung im kashikodokoro, einer der drei wichtigsten Kultstätten des Kaiserpalastes, in der die Sonnengottheit verehrt wird, durch den Tennô selbst. |
12. März 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die bevorstehende Abdankung im Schrein der kaiserlichen Ahnen (kôreiden) und dem Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden, durch den Tennô selbst. |
12. März 2019 | Zeremonie der Entsendung Kaiserlicher Boten an den Großschrein von Ise, das Grab des Jinmu Tennô, des 1. (mythischen) Tennô (der Überlieferung nach: 711–585 v. u. Z., Tennô von 660–585 v. u. Z.), sowie an die Gräber der letzten vier kaiserlichen Vorgänger, mithin an die Gräber des Kômei Tennô (1831–1867, 122. Tennô von 1846–67), des Meiji Tennô (1852–1912, 122. Tennô von 1867–1912), des Taishô Tennô (1879–1926, 123. Tennô von 1912–26) & des Shôwa Tennô (1901–89, 124. Tennô von 1926–1989). |
15. März 2019 | Zeremonie der Berichterstattung der bevorstehenden Abdankung durch die Kaiserlichen Boten und Darbringung von Opfergaben am Großschrein von Ise. |
15. März 2019 | Zeremonie der Berichterstattung der bevorstehenden Abdankung durch die Kaiserlichen Boten und Darbringung von Opfergaben am Grab des Jinmu Tennô sowie an den Gräbern des Kômei Tennô, des Meiji Tennô, des Taishô Tennô & des Shôwa Tennô. |
26. März 2019 | Zeremonie durch den Tennô selbst am Grab des Jinmu Tennô. |
18. April 2019 | Zeremonie durch den Tennô selbst am Großschrein von Ise. |
23. April 2019 | Zeremonie durch den Tennô selbst am Grab seines Vaters, des Shôwa Tennô. |
30. April 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die dann unmittelbar bevorstehende „Zeremonie der Abdankung“ durch den Tennô im kashikodokoro zur Verehrung der Sonnengottheit. |
30. April 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die dann unmittelbar bevorstehende „Zeremonie der Abdankung“ durch den Tennô im Schrein der kaiserlichen Ahnen und im Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden. |
30. April 2019 | Zeremonie der Abdankung als letzte Begegnung des Monarchen in seiner Funktion als amtierender Tennô mit dem offiziellen Japan. |
Der Ablauf der Thronbesteigung
Noch weit aufwendiger erscheint das Verfahren der Thronbesteigung, in der eine Mischung aus staatlichen und religiösen Zeremonien zu vollziehen ist und das sich bis in den April 2020 erstrecken wird. Besondere mediale Aufmerksamkeit im In- und Ausland dürfte hier vor allem die Thronbesteigungsgzeremonie am 22. Oktober 2019 hervorrufen. Zu ihr werden ca. 200 Staatsoberhäupter und Regierungsvertreter anderer Staaten in Tôkyô erwartet. 1990 berichtete das öffentlich-rechtliche Fernsehen in der Bundesrepublik in einer Liveübertragung von dieser farbenprächtigen Zeremonie, in der neue Tennô „nach innen und nach außen“ seine Thronbesteigung verkünden wird.
1. Mai 2019 | Inkraftreten der neuen Regierungsdevise Reiwa – 令和 – „schöne Harmonie“. Aus dem 31. Jahr Heisei wurde um Mitternacht das 1. Jahr Reiwa. |
1. Mai 2019 | Zeremonie zur Übergabe der Reichsinsignien an den neuen Tennô in Anwesenheit der männlichen Angehörigen des Kaiserhauses, der japanischen Regierung, den Präsidien beider Kammern des Parlamentes und dem Präsidenten sowie den Richtern des Obersten Gerichtshofs. |
1. Mai 2019 | Erstes Zusammentreffen des Monarchen in seiner neuen Funktion als Tennô, der Kaiserin und weiterer Angehöriger der Kaiserlichen Familie mit den Vertreterinnen und Vertretern des offiziellen Japan. Der abgedankte Kaiser nebst Gattin nehmen nicht teil. |
1.–3. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die vollzogene Thronbesteigung im kashikodokoro, einer der drei wichtigsten Kultstätten des Kaiserpalastes, in der die Sonnengottheit verehrt wird, mit rituellen Gebeten durch einen Handlungsbevollmächtigten des neuen Tennô. |
1. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung über die vollzogene Thronbesteigung im Schrein der Kaiserlichen Ahnen (kôreiden) und dem Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden, mit rituellen Gebeten durch einen Handlungsbevollmächtigten des neuen Tennô. |
4. Mai 2019 | Entgegennahme von Glückwünschen des Volkes zur Thronbesteigung durch den neuen Tennô, die neue Kaiserin und, abhängig vom Termin, variierenden Mitgliedern der Kaiserlichen Familie. |
8. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung des Termins der Thronbesteigungszeremonie (sokui no rei 即位の礼) und des „Großen Erntedankfestes“ (daijôsai 大嘗祭) im kashikodokoro durch den neuen Tennô selbst. |
8. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung des Termins der Thronbesteigungszeremomie und des „Großen Erntedankfestes“ im Schrein der Kaiserlichen Ahnen (kôreiden) und dem Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden, durch den neuen Tennô selbst. |
8. Mai 2019 | Zeremonie der Entsendung Kaiserlicher Boten an den Großschrein von Ise, das Grab des Jinmu Tennô, des 1. (mythischen) Tennô sowie an die Gräber der letzten vier Kaiserlichen Vorgänger, mithin an die Gräber des Kômei Tennô, des Meiji Tennô, des Taishô Tennô & des Shôwa Tennô zur Berichterstattung des Termins der Thronbesteigungszeremomie und des „Großen Erntedankfestes“. |
10. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung des Termins der Thronbesteigungszeremonie und des „Großen Erntedankfestes“ im Großschrein von Ise durch die Kaiserlichen Boten. |
10. Mai 2019 | Zeremonie der Berichterstattung des Termins der Thronbesteigungszeremomie und des „Großen Erntedankfestes“ an den Gräbern der letzten 4 verstorbenen Tennô durch die Kaiserlichen Boten. |
13. Mai 2019 | Zeremonie der Auswahl jeweils einer Präfektur im Osten und im Westen des Landes, die damit beauftragt wird, auf einem Feld (saiden 斎田) den Reis, der für das „Große Erntedankfest“ benötigt wird, zu kultivieren. |
Noch zu bestimmen | Zeremonie der Reinigung des Bauplatzes der eigens und ausschließlich für das „Große Erntedankfest“ benötigten Gebäude. |
Herbst | Zeremonie der Ernte des Reises auf den zuvor bestimmten Feldern im Osten und Westen des Landes. |
22. Oktober 2019 | Zeremonie der Berichterstattung, daß nunmehr die Thronbesteigungszeremonie ausgeführt werden wird, im kashikodokoro durch den Tennô selbst. |
22. Oktober 2019 | Zeremonie der Berichterstattung, daß nunmehr die Thronbesteigungszeremonie ausgeführt werden wird, im Schrein der Kaiserlichen Ahnen (kôreiden) und dem Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden, durch den Tennô selbst. |
22. Oktober 2019 | Zeremonie der Thronbesteigung. |
22. Oktober 2019 | Autokorso des Kaiserpaares durch die Hauptstadt. |
22., 25., 29. & 31. Oktober 2019 | Bankette im Kaiserpalast. |
23. Oktober 2019 | Bankett des Ministerpräsidenten und seiner Gattin zu Ehren des Kaiserpaares. |
8. November 2019 | Zeremonie zur Entsendung eines Kaiserlichen Boten zur Berichterstattung über die unmittelbar bevorstehende Ausführung des „Großen Erntedankfestes“ an den Großschrein von Ise. |
12. November 2019 | Reinigungszeremonie für das Kaiserpaar zwei Tage vor dem „Großen Erntedankfest“. |
12. November 2019 | Reinigungszeremonie für die Angehörigen der Kaiserlichen Familie zwei Tage vor dem „Großen Erntedankfest“. |
13. November 2019 | Gebete für die Sicherheit und den Frieden des Kaisers und aller an dem „Großen Erntedankfest“ beteiligten Personen und für einen reibungslosen Verlauf der Zeremonien. |
14. November 2019 | Zeremonie am Großschrein von Ise zur Berichterstattung über die unmittelbar bevorstehende Ausführung des „Großen Erntedankfestes“ durch den Kaiserlichen Boten. |
14. November 2019 | Zeremonie im kashikodokoro zur Berichterstattung über die unmittelbar bevorstehende Ausführung des „Großen Erntedankfestes“ mit Gebeten eines Handlungsbevollmächtigten des Tennô. |
14. November 2019 | Zeremonie im Schrein der Kaiserlichen Ahnen (kôreiden) und dem Schrein für die Gottheiten (shinden), die landesweit in Japan verehrt werden, zur Berichterstattung über die unmittelbar bevorstehende Ausführung des „Großen Erntedankfestes“ mit Gebeten eines Handlungsbevollmächtigten des Tennô. |
14./15. November 2019 | Das durch den Tennô ausgeführte „Große Erntedankfest“, bei dem er in Zeremonien in der „Halle des Ostens“ (悠紀殿供饌の儀) am 14. November und in der „Halle des Westens“ (主基殿供饌の儀) am 15. November den Kaiserlichen Vorfahren und den Göttern des Himmels und der Erde den frisch geernteten Reis darbietet, selbst davon kostet und für Frieden und eine üppige Ernte für das Land und das Volk betet. |
16. November 2019 | Zeremonie, um Dankbarkeit für den Frieden auf dem Gelände auszudrücken, auf dem das „Große Erntedankfest“ stattfand. |
16. & 18. November 2019 | Bankette, zu denen der Tennô diejenigen bittet, die an der Durchführung des „Großen Erntedankfestes“ beteiligt waren. Es wird weiße und schwarze Sake gereicht. |
Vom Datum bisher noch unbestimmt, sind die folgenden Aktivitäten:
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19. April 2020 | Feierliche Zeremonie zur Ernennung des Prinzen Akishino zum „Thronerben“. |
Das japanische Kaisertum im 21. Jahrhundert
Anlässlich seines 30. Thronjubiläums zog der Tennô, der am 30. April abdankte, gelegentlich einer Feier, die am 24. Februar 2019, zugleich der 30. Jahrestag der Beerdigung seines Vaters und Vorgängers im Amt, stattfand, eine Bilanz seiner Herrschaftszeit. Diese begann am 7. Januar 1989 unter der Devise „Heisei“ – „Friede überall. Der Tennô gab seiner Genugtuung Ausdruck, daß das japanische Volk in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich habe entsprechend dieses Ideals eine friedvolle Zeit verbringen können. Wenn dies auch etwa durch den Giftgasanschlag auf die U‑Bahn von Tôkyô durch die Religionsgemeinschaft Ômu shinrikyô im März 1995, die verherenden Erdbeben von Kôbe 1995 und im Nordosten Japans 2011 durchaus nur als ein gefühlter Friede verstanden werden kann, dürfte dieses Urteil mit dem weiter Teile der japanischen Bevölkerung übereinstimmen. Dem Kaiser, dessen Kindheit durch die Gewalterfahrung des Krieges geprägt war, genoß als erster Angehöriger des Kaiserhauses eine demokratische Erziehung – nicht zuletzt unter der Direktive des Oberkommandos der Alliierten Streitkräfte in Japan nach der Niederlage Japans im Asiatisch-Pazifischen Krieg 1945. Die Schaffung bzw. Bewahrung des Friedens, auch in der japanischen Gesellschaft, wurden so glaubhaft zu einer seiner Handlungsmaxime während seiner Amtszeit, wenngleich es ihm, nicht zuletzt mangels einer demokratischen Legitimation, an den Mitteln fehlte, in den letzten Jahrzehnten in der japanischen Gesellschaft deutlicher zutage tretende Problemfelder sozialer Konflikte stärker in den Mittelpunkt seines öffentlichen Handelns zu stellen. Als Trostspender der Nation, vor allem bei Besuchen in Begleitung der Kaiserin in Regionen, die von Naturereignissen getroffen wurden, wörtlich auf Augenhöhe mit den Menschen, gelang es ihm, die Distanz des Volkes zum Kaiserhaus zu verringern, wenn auch nicht völlig aufzuheben. Seinen beiden Söhnen, dem neuen Tennô und dem Thronerben, erteilte er bereits anläßlich der traditionellen Pressekonferenz im Vorfeld seines Geburtstages im Dezember 2018 einen Arbeitsauftrag: Ihre Aufgabe sei es, einerseits Traditionen weiterzugeben, aber auch die Monarchie, der sich fast täglich verändernden japanischen Gesellschaft entsprechend, weiterzuentwickeln.
Wie nun der neue Tennô der Institution des Tennô, als deren 126. Vertreter er gilt, wenn wir auch gut beraten sind, die Historizität mythischer Überlieferungen des 8. nachchristlichen Jahrhunderts bzw. die erst in der Meiji-Zeit entstandene Genealogie des Kaiserhauses in Zweifel zu ziehen, seinen Stempel aufdrücken wird, ist völlig offen. Zweifelsohne wird er die teilnehmend-beobachtend gewonnen Erkenntnisse während der Amtszeit seines Vaters einbringen und im großen Bogen die Funktion des Tennô nach dem Vorbild seines Vaters fortführen. Möglicherweise kann er das Portfolio seines Amtes noch durch eine stärkere Berücksichtigung des Umweltschutzes erweitern. So ist auch in Japan beispielsweise der Klimawandel, nicht zuletzt in immer heißer werdenden Sommern, erkennbar. Durch seine Doppelfunktion als Symbol von Staat und Volk sowie als Oberpriester des Shintô als einer Religion mit starkem Naturbezug mag er hier einen persönlichen Akzent setzen können, zumal er sich in seiner Kronprinzenzeit auch besonders im Bereich der Sicherung der Ressource Wasser stark engagiert hat.
Es gibt in Japan keine politisch wirklich einflußreiche anti-monarchische Bewegung, wenn auch gelegentlich Proteste gegen das Kaiserhaus vorkommen. Den Klagen, die von christlichen und buddhistischen Gläubigen und Organisationen etwa gegen die staatliche Finanzierung gewisser Inthronisierungszeremonien, die deren Ansicht nach dem strikten verfassungsmäßigen Gebot einer Trennung von Staat und Religion zu widersprechen scheinen, erhoben wurden, dürfte wenig Aussicht auf Erfolg beschieden sein. Von dieser Seite droht dem Kaiserhaus also keine Gefahr. Auffallend ist jedoch, daß die junge Generation, zumindest wenn man Umfragen japanischer Medien trauen darf, der Kaiserfamilie eher gleichgültig gegenübersteht. Mit zunehmendem Alter erst nehmen Interesse und Respekt an dieser Institution zu, wobei Konsens zu bestehen scheint, das Symbolkaisertum erhalten zu wollen und auch zukünftig nicht durch größere politische Rechte das Wesen dieser Institution entscheidend zu verändern. Dies machte ohnehin eine Verfassungsänderung erforderlich, für die sich keine Mehrheiten finden ließen. Im 21. Jahrhundert drohte der Institution allenfalls durch ein politisches Festhalten an der männlichen Thronfolgeregelung – ungeachtet einer breiten öffentlichen Zustimmung für die weibliche Thronfolge – Gefahr.