Zumindest sind sie offenbar nicht justitiabel. Vor einigen Monaten berichtete ich von einer recht ungewöhnlichen Klage eines Pensionärs, dem die Entwicklung der japanische Sprache nicht völlig gleichgültig ist, gegen den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK. Takahashi Hôji 高橋鵬二 hatte im vergangenen Jahr mit der Behauptung, durch einen zu häufigen Gebrauch englischer Lehnwörter in der japanischen Sprache in Fernsehsendungen des Staatsfernsehens „seelische Qualen“ (seishin-teki kutsû 精神的苦痛) zu erleiden, eine Schadenersatzklage vor dem Landgericht Nagoya (Nagoya chisai 名古屋地裁) angestrengt. Bereits am 12. Juni erging in der Sache das Urteil:
Die Sensation blieb aus, was sich nicht zuletzt auch medial durch eine eher verhaltene Berichterstattung ausdrückte. Wenngleich auch einige Tageszeitungen in ihren Online-Ausgaben auf das Urteil hinwiesen, hatte die Klageeinreichung selbst weit mehr Aufmerksamkeit als das Urteil erzielt. Der Vorsitzende Richter, Saitô Kiyofumi 斎藤清文, erkannte eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers nicht an und wies die Klage ab. Die an NHK zu entrichtenden Rundfunkgebühren seien nicht der Gegenwert für das Betrachten eines Fernsehprogramms und verpflichteten auch nicht dazu, sich dieses anzusehen. Ob ein Fernsehzuschauer gegenüber einer Ausdrucksweise ein unangenehmes Gefühl entwickele, unterliege seinem subjektiven Werturteil. Eine Rücksichtnahme auf persönliche Umstände, im Falle Takahashis also auf dessen Antipathie gegenüber Lehnwörtern, hingegen zu fordern, könne die redaktionelle Freiheit behindern.
Die Beurteilung des Richterspruchs durch Kläger und Beklagte fiel dann erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Takahashi zeigte sich enttäuscht, daß entgegen seiner Erwartung an die Justiz in diesem Verfahren nicht deutlich geworden sei, welche Haltung NHK überhaupt hinsichtlich des Gebrauchs der Sprache einnehme. Er wolle aber fortfahren, sich mit Petitionen an Gemeinden und andere Medienunternehmen zu wenden. NHK allerdings würdigte das Urteil als „angemessen“ (datô 妥当).
Kann auch der Hinweis des Richters bezüglich der Freiheit des Zuschauers, auf den Konsum gewisser Fernsehsendungen – vielleicht ebenso in einem möglichen bundesdeutschen Kontext – selbstbestimmt verzichten zu können, als geradezu weise betrachtet werden, bleibt die Frage offen, ob sich ein kultureller Prozess wie die Veränderung der Sprache, mag er goutiert werden oder nicht, im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung aufhalten ließe und prinzipiell einer richterlichen Entscheidung unterworfen werden sollte.