Panel für den Japanologentag 2015
„Gewalt und Zivilität – Protestformen im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“
(Organisation: Dr. Tino Schölz & Dr. Maik Hendrik Sprotte)
Während in öffentlichen Debatten und der nicht-akademischen Publizistik nach wie vor ein normativ aufgeladenes Konzept von „Zivilgesellschaft“ als mutmaßlich der Gewaltfreiheit und den Prinzipien der Pluralität sowie der Freiwilligkeit verpflichteter Motor von Demokratisierung, mithin als Kern des Guten, Schönen und Wahren historischer Entwicklung, vorherrscht, hat sich die historische Bürgergesellschaftsforschung in den letzten Jahren verstärkt den Ambivalenzen und „dunklen Seiten“ dieses spezifischen gesellschaftlichen Gefüges zugewandt. Das Panel schließt an diese Entwicklung an, indem es mit Gewalt und Zivilität die „vermeintliche Basisantynomie“ (J. Leonhardt) bürgergesellschaftlicher Strukturen und Handlungsmuster thematisiert. Konkret soll dabei die Handlungsform des sozialen Protestes im Sinne einer meist an bzw. gegen die Exekutive gerichtete Artikulation von Bedürfnissen und Interessen, von Wünschen, Erwartungen und Kritik in Hinblick auf ihre Gewaltförmig- bzw. Friedfertigkeit diachron vergleichend diskutiert werden. Da Protest dabei als soziale Interaktionsform verstanden wird, soll nicht nur die Ebene der Protestierenden, sondern auch die der staatlichen Exekutive in den Blick genommen werden. Mit einer exemplarischen Diskussion ausgewählter Formen von sozialem Protest soll dabei den Leitfragen nachgegangen werden, inwieweit dieser – sowohl hinsichtlich der Legitimation als auch der sozialen Praxis – im Verlauf des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Bezug auf Gewalt und Zivilität einem historischen Wandel unterlag, und ob es über den diskutierten Zeitraum hinweg einen „Zivilisierungsprozess“ von Protest gegeben hat.
Das Panel fand während des Japanologentages an der Universität München 2015 statt.
Struktur des Panels:
- Tino Schölz / Maik Hendrik Sprotte (Universität Halle-Wittenberg): „Einführung“;
- Oleg Benesch (University of York): „Geistesgeschichtliche Grundlagen von Gewalt und Zivilität im japanisch-chinesischen Kontext“;
- Christoph Mittmann (Universität Zürich): „Gesellschaftlicher Ungehorsam in der Edo-Zeit am Beispiel Ôsakas“;
- Tino Schölz (Universität Halle-Wittenberg): „Das Universum umwälzen. Der Widerstand von shizoku gegen die Reformen des jungen Meiji-Staates“;
- Maik Hendrik Sprotte (Universität Halle-Wittenberg): „Über die Schönheit in der Disharmonie und den Wohlklang als Lüge – Das Design des Taishō-demokratischen Protests“;
- Juljan Biontino (Seoul National University): „Zwischen kultureller Aktivität und bewaffnetem Widerstand: Protestformen im Korea unter japanischer Herrschaft, 1910–1945“;
- Alle Panelteilnehmer: „Abschlussdiskussion“;