Hauptseminar: Freitod als politische Manifestation – Das Phänomen des Suizids in der Geschichte Japans
Diese Lehrveranstaltung wurde zugleich im Rahmen des Ethisch-Philosophischen Grundlagenstudiums (EPG) für Lehramtsstudierende im Land Baden-Württemberg angeboten.
„Der Selbstmord ist das größte Verbrechen. Welchen Mut kann derjenige besitzen, der vor einem Wechsel des Glücks zittert? Der wahre Heldenmut besteht darin, über das Elend des Lebens erhaben zu sein.“
Napoleon Bonaparte („Maximen und Gedanken“)
In der wechselvollen Geschichte Japans – vom Mittelalter bis hin zur Zeitgeschichte – gibt es zahlreiche Beispiele der Selbsttötung berühmter Persönlichkeiten aus verschiedensten Motiven mit unterschiedlicher Bedeutung für den historischen Kontext, in dem sie sich ereigneten. Die Bewertung dieser Geschehnisse war im Verlauf der japanischen Geschichte einem interessanten Wandel unterworfen. Es wurde in diesem Hauptseminar beabsichtigt, das Phänomen des Suizids auf die historische Bedeutung des einzelnen Ereignisses (vornehmlich im Rahmen der Politikgeschichte Japans) zu untersuchen, wobei im Mittelpunkt der Untersuchung auch immer die Frage nach den Veränderungen der ethischen Wertigkeit des Freitods innerhalb der verschiedenen Phasen der kulturellen Entwicklung des Landes und seiner sozialen Bedeutung stand.
Inhaltlich gliederte sich diese Lehrveranstaltung folgendermaßen:
♦ Sen no Rikyû (千利休, 1522–1591): sein Leben und sein Tod abseits des chadô; (茶道)
♦ Akô rôshi (赤穂浪士): über die Loyalität der 47 Samurai und ihre Folgen;
♦ Sakai jiken (境事件, 1868). ein Beispiel für kompromißloses Handeln?
♦ Nogi Maresuke (乃木希典, 1849–1912): ein „Ritter von trauriger Gestalt“?
♦ kamikaze (神風): Mythos und Wirklichkeit;
♦ Hara Tamiki (原民喜, 1905–1951): Hiroshima und die Folgen;
♦ Mishima Yukio (三島由紀夫, 1925–1970). Gibt es eine Ästhetik des Sterbens?
♦ ijime (いじめ) und Managerselbstmorde: Freitod in gesellschaftlichen und ökonomischen Krisenzeiten;
(Sommersemester 2003)