Während eines Forschungsaufenthaltes an der Waseda-Universität in Tôkyô, der vor wenigen Tagen endete, führte mich mein Weg von meiner Unterkunft zur Universitätsbibliothek immer an diesem Café vorbei. Innerlich schmunzelte ich unvermittelt. Die Gedanken reisten dann in meine Vergangenheit, die länger als meine Zukunft sein dürfte. Damals, „als Napoleon auf Moskau ging“, so gegen Ende der 1970er Jahre, verpaßte uns ein wohlmeinender Deutschlehrer ein Abonnement für das Staatstheater Braunschweig – eine bunte Platte aus Oper, Theater, Ballett. Alles in allem war das keine schlechte Erfahrung, wenn auch für einen Teenager (und heute wohl noch immer für mich) 5 oder 6 Stunden „Faust, Zweiter Teil“ doch etwas over the top waren und ich noch gut erinnere, wie groß die Gefahr war, als im „Schwanensee“ der Prinz bei einer Hebefigur die Primaballerina assoluta des Corps de ballet jenes niedersächsischen Städtchens – ein kleines „Pummelchen“ – beinahe in den Zuschauerraum „weitergereicht“ hätte. Weiterlesen
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Nur zur Abwechslung und ausnahmsweise eine Fundsache zu einem nicht-japanbezogenen Thema:
Fast könnte man den Eindruck gewinnen, Henry St. John, 1. Viscount Bolingbroke, einer der britischen Philosophen in der Zeit der Aufklärung und ein zeitgenössisch nicht unumstrittener Politiker, habe den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vorhergesehen. Es scheint zumindest, als hätte er ihn befürwortet.
„Our nation inhabits an island, and is one of the principal nations of Europe; but to maintain this rank, we must take the advantages of this situation, which have been neglected by us for almost half a century; we must always remember, that we are not part of the continent, but we must never forget, that we are neighbours to it. I will conclude, by applying a rule, that Horace gives for the conduct of an epic or dramatic poem, to the part Great Britain ought to take in the affairs of the continent, if you allow me to transform Britannia into a male divinity, as the verse requires. Nec Deus intersit nisi dignus vindice nodus Henry St. John Bolingbroke (1678–1751), Letters on the Study and Use of History (1752) |
Ob nun aber das Vereinigte Königreich tatsächlich über jene „übernatürliche Kraft“ eines „Gottes“ verfügt, der nicht einzuschalten ist, wenn diese nicht zur Entwicklung erforderlich ist, mag dahingestellt bleiben.
Wer unlängst das Hin und Her einer zunächst erdachten und dann zurückgezogenen Verordnung der Europäischen Kommission zum Verbot offener Olivenöl-Karaffen in Speiselokalen verfolgt hat, verfügt schon über einen Eindruck, mit welchen wichtigen Angelegenheiten sich manche zentralen Regierungs- und Verwaltungsstellen über die Terrorismusbekämpfung oder die Konzeption wirkungsvoller Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise hinaus zu befassen haben. Daher überrascht es wenig, wenn das japanische Kabinett am 24. Mai 2013 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten im Oberhaus Kagaya Ken 加賀谷健 von der Demokratischen Partei (minshutô 民主党) erklärte, „keine Kenntnisse“ von Geistererscheinungen (yûrei 幽霊) in der offiziellen Residenz des japanischen Ministerpräsidenten (sôri daijin kôtei 総理大臣公邸) zu haben. Selbst auf der Nachmittagspressekonferenz des Kabinettsekretärs (kanbô chôkan 官房長官) Suga Yoshihide 菅義偉 am 24.05. war diese Anfrage noch einmal Thema und beschäftigte dann in einer Kurzmeldung am Folgetag nahezu alle japanischen Tageszeitungen in ihren Online-Ausgaben. Auf die Frage eines Journalisten, ob er selbst schon die Anwesenheit von Geistern in der Residenz gespürt habe, hatte Suga schmunzelnd erklärt, dass er das nicht ausschließen könne („Iwarereba, sô ka na, to omoimashita“ 言われれば、そうかな、と思いました). Weiterlesen