Ich habe die Inhaltsbeschreibung eines neuen Projekts, das mich neben meiner Arbeit an meinem Forschungsvorhaben in den letzten Monaten beschäftigt und dem ich unter dem Titel „Egon Bahrs Japan-Besuch 1969: ein Moment des japanischen ’nuclear hedging‘ “ nachgehe, der Aufstellung gegenwärtiger und zukünftiger Forschungsvorhaben hinzugefügt.
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Die von mir und Jan Schmidt administrierte „Bibliographie zur historischen Japanforschung“ wurde inzwischen in das Datenbank-Informationssystem (DBIS) aufgenommen, was uns als Zeichen der Anerkennung unserer Arbeit besonders freut. Im November 2012 konnte zudem der 1100. Datensatz in die Datenbank eingearbeitet werden.
In der Arbeitspapierreihe des Internationalen Graduiertenkollegs „Formenwandel der Bürgergesellschaft. Japan und Deutschland im Vergleich“ (Universität Halle-Wittenberg und Universität Tôkyô) ist gerade ein längerer Text von mir erschienen, in dem ich mich unter dem Titel „Zivilgesellschaft als staatliche Veranstaltung? Eine Spurensuche im Japan vor 1945″ mit den historischen Wurzeln der japanischen Zivilgesellschaft auseinandersetze.
In meinem Diskussionsbeitrag trete ich für eine nachhaltigere Berücksichtigung historischer Prozesse in der sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung zu Japan ein. Es scheint zu kurz zu greifen, die Existenz einer japanischen Zivilgesellschaft mit den Argumenten einer im Japan der Zeit verbreiteten „Tradition des Respekts für die Autorität und der Geringschätzung des Volkes“ (kanson minpi 官尊民卑) und eines Prinzips „der Selbstaufopferung für das Gemeinwohl“ (messhi hôkô 滅私奉公) infrage zu stellen. Dies gilt auch dann, wenn man unter dem Gesichtspunkt einer Berücksichtigung der Unterstützung des zeitgenössischen Herrschaftssystems durch breite gesellschaftliche Schichten, die sich partiell in Organisationen zusammenfanden, die meiner Interpretation nach als zivilgesellschaftliche kategorisiert werden können, nur eingeschränkt zivilgesellschaftstheoretische Annahmen zur Staatferne und Gewaltfreiheit unter Berücksichtigung von Zeit und Raum in Anwendung bringen kann. Weiterlesen

Filmposter „Hyakunen no kodama“ (2012)
Dokumentar- und Spielfilme historischen Inhalts erfreuen sich nicht nur in Deutschland wachsender Beliebtheit. Auch in Japan bieten Jahrestage und runde Jubiläen nicht nur den Anlaß für wissenschaftliche Konferenzen, Gedenkveranstaltungen und Publikationen, sondern auch für die Aufarbeitung historischer Ereignisse in Form bewegter Bilder. Deren Themen sind vielfältig. So war und ist beispielsweise in ausgewählten Lichtspielhäusern in den Städten Shimanto 四万十, Kyôto 京都 und Tôkyô 東京 im August und September diesen Jahres ein Dokumentarfilm zu sehen, der sich mit der so genannten „Hochverratsaffäre“ (taigyaku jiken 大逆事件) der Jahre 1910 und 1911 beschäftigt.
Die Hochverratsaffäre ist eines der herausragenden Ereignisse in der langen Geschichte der Bekämpfung und Unterdrückung sozialistischer bzw. anarchistischer Überzeugungen in der japanischen Geschichte bis 1945. Unter dem Vorwurf, ein Attentat auf den Meiji Tennô 明治天皇 (1852–1912), dessen Todestag sich 2012 ebenfalls zum hundertsten Male jährte, und den Kronprinzen anläßlich der Geburtstagsparade des Kaisers am 3. November 1910 geplant zu haben, wurden tatsächliche und mutmaßliche japanische Anarchisten zu Hunderten unter dem Generalverdacht der Verschwörung zur Ermordung des Monarchen unter Beobachtung gestellt und verhört, von denen 26 wiederum in einem Verfahren vor dem Reichsgericht (daishin’in 大審院) abgeurteilt wurden. Hintergrund dieses Prozesses bildeten Bestimmungen des „alten Strafgesetzes“ (kyû-keihô 旧刑法), die für eine direkte Beteiligung an Plänen zum Königsmord, dem Hochverrat (taigyaku-zai 大逆罪) also, zwingend die Todesstrafe vorsahen. Weiterlesen
Ich denke, es gehört zu den praktischen Erfahrungen eines jeden wissenschaftlich Arbeitenden, daß man im Fertigstellungsprozeß eines Projektes – von der ersten Idee bis zur Vorlage eines abgeschlossenen Manuskripts – Stimmungsschwankungen, von relativer Verzweiflung bis hin zu nahezu euphorischen Zuständen, durchlebt. Dies gilt sicher allemal dann, wenn man diese Form der Arbeit mehr als Vergnügen denn als leidige Pflicht versteht.
So ging es mir dann auch bei der Arbeit an einem Text zu den sogenannten „Takeuchi-Dokumenten“ (Takeuchi monjo 竹内文書, auch Take(no)uchi bunken 竹内文献), auf die ich anfangs tatsächlich erstmals durch die Lektüre eines japanischen Kriminalromans, der „Legende von Liebe und Tod“ (Ai to shi no densetsu 愛と死の伝説) von Nishimura Kyôtarô 西村京太郎, aufmerksam wurde. Diese inzwischen nur noch teilweise und dann ausschließlich in Abschriften vorliegenden Dokumente bilden den zentralen Textkorpus einer japanischen sogenannten „neuen Religion“ (shin-shûkyô 新宗教), der „Religion des Himmels“ (amatsu-kyô 天津教), die in der Tradition der autochthonen Religion Japans, des Shintô 神道, steht. Da in absehbarer Zeit dazu ein wissenschaftlicher Aufsatz von mir vorliegen dürfte und zudem gegenwärtig ein englischsprachiges Manuskript zu dieser im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert entstandenen Spielart im Kontext des japanischen Nationalismus von mir vorbereitet wird, will ich mich auf diese Einordnung beschränken. Weiterlesen