Von Austern, klassisch rohem Kind oder Schwierigkeiten der maschinellen Übersetzung

Gese­hen haben wir sie sicher alle schon – jene Anzei­gen in den Sozia­len Netz­wer­ken oder Online­me­di­en, in denen uns ver­spro­chen wird, mit­hil­fe einer Soft­ware in nur 10 Minu­ten täg­lich eine belie­bi­ge Fremd­spra­che erler­nen zu kön­nen. Natür­lich träu­men wir zudem sicher davon, mit nur einem Maus­klick jede Spra­che der Welt in unse­re Mut­ter­spra­che über­set­zen las­sen oder ihr doch zumin­dest einen Sinn ent­lo­cken zu kön­nen. Ohne Zwei­fel hat die maschi­nel­le Über­set­zung auch in den letz­ten Jah­ren enor­me Fort­schrit­te gemacht. Nun scheint es aber Spra­chen zu geben, die sich – noch – gegen einen der­ar­ti­gen Zugang sträu­ben. Die japa­ni­sche Spra­che mag zu die­sen gehö­ren. Auf ein sehr „extre­mes“, mög­li­cher­wei­se nicht reprä­sen­ta­ti­ves Argu­ment zur Unter­stüt­zung die­ser The­se stieß ein Tou­rist in spe bei einer Inter­net­re­cher­che, als er sich im Vor­feld eines Besu­ches in Hiro­shi­ma über Loka­li­tä­ten in der Nähe sei­ner Unter­kunft infor­mie­ren woll­te. Er glaub­te sei­nen Augen nicht trau­en zu kön­nen, als er das maschi­nel­le Über­set­zungs­an­ge­bot eines Kom­men­tars über eine sei­nem Hotel benach­bar­te Knei­pe las, und wur­de zugleich demü­tig und dank­bar, dass das her­kömm­li­che Erler­nen einer Fremd­spra­che, für das vor allem Zeit zu inves­tie­ren ist, doch noch Vor­zü­ge hat und ihn sofort den Über­set­zungs­feh­ler erken­nen ließ. Nein, ich darf Ihnen vor­ab ver­si­chern, dass sich die japa­ni­sche Ess­kul­tur in den letz­ten Jah­ren nicht ent­schei­dend ver­än­dert hat. Die zahl­rei­chen Homo­pho­ne, die die japa­ni­sche Spra­che bie­tet, schei­nen hier eher zu einer Fuß­an­gel für die maschi­nel­le Über­set­zung gewor­den zu sein. Wei­ter­le­sen

Reiwa 令和 – die neue Regierungsdevise (gengô 元号) in Japan

Die Zeitenwende

Die Abdan­kung des gegen­wär­ti­gen Ten­nô und die Thron­be­stei­gung des Kron­prin­zen in Japan ste­hen unmit­tel­bar bevor. Mit der Bekannt­ga­be der ab 1. Mai 2019 gül­ti­gen, neu­en Regie­rungs­de­vi­se (gen­gô 元号) des dann neu­en Ten­nô sind die Vor­be­rei­tun­gen der Abdan­kung des gegen­wär­ti­gen Ten­nô und der Thron­be­stei­gung sei­nes Soh­nes, des gegen­wär­ti­gen Kron­prin­zen, auf die Ziel­ge­ra­de gelangt. Am 1. April 2019 gab der Kabi­netts­se­kre­tär Suga Yoshi­hi­de 菅義偉, in sei­ner Funk­ti­on inner­halb der japa­ni­schen Regie­rung etwa dem Kanz­ler­amts­chef ver­gleich­bar, bekannt, wel­cher neu­en Zeit­rech­nung Japan ab Mai fol­gen wird: Wei­ter­le­sen

Vortrag zum „Moses & Jesus in Japan“-Narrativ bei der „Initiative zur historischen Japanforschung“ (Leipzig, 3./4.11.2018)

Am 3. und 4. Novem­ber 2018 fin­det an der Japa­no­lo­gie der Uni­ver­si­tät Leip­zig die 32. Tagung der „Initia­ti­ve zur his­to­ri­schen Japan­for­schung“, deren Pro­gramm gera­de ver­öf­fent­licht wur­de, statt. Bis 20. Okto­ber sind Anmel­dung zu die­ser kos­ten­frei­en Tagung möglich.

Dort wer­de ich einen Vor­trag zu „Ex ori­en­te lux – Über das Nar­ra­tiv eines Lebens und Ster­bens von Moses und Jesus Chris­tus in Japan“ hal­ten. Neben einem Moses-Grab in Hôdatsu-Shimizu in der Prä­fek­tur Ishi­ka­wa fin­det sich in Japan auch ein Christus-Grab im Dorf Shin­go in der Prä­fek­tur Aom­ori. Deren mut­maß­li­che „Ent­de­ckun­gen“ in den 1930er Jah­ren sind nicht etwa in einem christ­li­chen Kon­text ver­ständ­lich, son­dern einem grö­ße­ren Kor­pus von Tex­ten und Arte­fak­ten, den Takeuchi-Dokumenten (Takeuchi mon­jo 竹内文書), geschul­det, von denen eine brei­te­re japa­ni­sche Öffent­lich­keit in den 1920er Jah­ren Kennt­nis erhielt. Die­ser Text­kor­pus lie­fer­te die Begrün­dung für eine, den durch die Macht­ha­ber pro­pa­gier­ten Über­zeu­gun­gen der Zeit völ­lig zuwi­der­lau­fen­de „Reichs­ge­schich­te“ Japans, die sich auf­grund ihrer Inhal­te weit eher als „Welt­ge­schich­te“ offen­bar­te. Die etwa 4000 Tex­te und Arte­fak­te prä­sen­tier­ten sich als ein Kom­pen­di­um von Doku­men­ten und Gegen­stän­den, das die gesam­te Span­ne der japa­ni­schen Geschich­te, von der Schöp­fung der Welt bis in die Anfangs­jah­re der Meiji-Zeit, abzu­de­cken schien. Neben Auf­zeich­nun­gen auf Baum­rin­de, Leder oder Papier gehör­ten zu der Samm­lung eben­so Stei­ne mit ver­schie­de­nen, vor­nehm­lich in „Schrift­zei­chen der Göt­ter­zeit“ (kami­yo moji, auch jin­dai moji 神代文字) aus­ge­führ­ten Inschrif­ten. Als hei­li­ge Schrif­ten einer in Shintô-Tradition ste­hen­den Neu­en Reli­gi­on (shintô-kei shin-shûkyô 神道系新宗教) las­sen sich die Takeuchi-Dokumente in ihrer religions- und poli­tik­wis­sen­schaft­li­chen Exege­se unter dem Dach des reli­giö­sen Fun­da­men­ta­lis­mus und Natio­na­lis­mus, hier des Shintô-Nationalismus, ver­or­ten. In mei­nem Vor­trag wer­de ich unter beson­de­rer Berück­sich­ti­gung einer „Moses & Jesus in Japan“-Legende das Augen­merk auf die Inhal­te der Doku­men­te, die gleich­wohl weit­ge­hend als Fäl­schun­gen zu klas­si­fi­zie­ren sind, sowie auf die Ent­ste­hung der orga­ni­sa­to­ri­schen Struk­tur die­ser heu­te noch bestehen­den Neu­en Reli­gi­on und ihre auch zeit­ge­nös­sisch straf­recht­lich rele­van­te Geschich­te bis 1945 richten.

Am Golde hängt doch alles“ – das „Schriftzeichen des Jahres“ 2016 in Japan

Das Jahr 2017 ist glück­li­cher­wei­se nicht so weit fort­ge­schrit­ten, daß man nicht noch einen kur­zen Rück­blick auf das ver­gan­ge­ne Jahr wer­fen könn­te. Zeit­man­gel und feh­len­de Ruhe las­sen mich als Teil mei­ner noch ver­gleichs­wei­se jun­gen jähr­li­chen Rou­ti­ne der Jah­re 2013, 2014 und 2015 nun erst ver­spä­tet die­sen Blick auf ein Ereig­nis im Dezem­ber 2016 wer­fen, des­sen jähr­li­che Wie­der­kehr sich in Japan einer gewis­sen media­len Auf­merk­sam­keit erfreut: die Bekannt­ga­be des „Schrift­zei­chens des Jah­res“ (koto­shi no kan­ji 今年の漢字). Wie bei uns jähr­lich das „Wort des Jah­res“, von der Gesell­schaft für deut­sche Spra­che (GfdS) ver­kün­det, ein sich dem Ende zunei­gen­des Jahr beson­ders cha­rak­te­ri­sie­ren sol­le, wur­den seit Anfang Novem­ber 2016 von der „Japa­ni­schen Gesell­schaft zur Über­prü­fung der kan­ji-Fähig­keit“ (Nihon kan­ji nôryo­ku ken­tei kyô­kai 日本能力検定協会) wie­der Vor­schlä­ge für ein chi­ne­si­sches Schrift­zei­chen ein­ge­wor­ben, mit dem sich das Jahr 2016 am bes­ten beschrei­ben las­sen soll­te. Am 12. Dezem­ber, dem „Tag des chi­ne­si­schen Schrift­zei­chens“ (kan­ji no hi 漢字の日), wur­de es wie gewöhn­lich in einer kal­li­gra­phi­schen Zere­mo­nie im Kiyomizu-dera (清水寺), einer der bekann­tes­ten bud­dhis­ti­schen Sehens­wür­dig­kei­ten Kyô­tos, der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt. Nach den Jah­ren 2000 und 2012 fiel zum drit­ten Mal die Wahl mehr­heit­lich auf das Schrift­zei­chen (kin – kon / kane – kana) mit sei­nen Bedeu­tun­gen „Geld“, „Gold“, „gold­far­ben“, „(Edel-)Metall“. Wie viel­fäl­tig die ein­ge­reich­ten Vor­schlä­ge gewe­sen sein müs­sen, zeigt jedoch deut­lich, daß die­ses Schrift­zei­chen mit nur 6.655 von ins­ge­samt abge­ge­be­nen 153.562 Stim­men bzw. einem Stim­men­an­teil von 4,33 % den ers­ten Platz erreich­te. Wei­ter­le­sen

Sicherheit & ihr Gegenbild – das „Schriftzeichen des Jahres“ 2015 in Japan

Nicht wie bis­her üblich am 12. Dezem­ber, dem „Tag des chi­ne­si­schen Schrift­zei­chens“, son­dern etwas ver­spä­tet wur­de heu­te das japa­ni­sche „Schrift­zei­chen des Jah­res“ (koto­shi no kan­ji 今年の漢字) 2015 bekannt gege­ben. Wie schon in den Vor­jah­ren hat­te die „Japa­ni­sche Gesell­schaft zur Über­prü­fung der kan­ji–Fähig­keit“ (Nihon kan­ji nôryo­ku ken­tei kyô­kai 日本漢字能力検定協会) lan­des­weit Vor­schlä­ge für ein chi­ne­si­sches Schrift­zei­chen ein­ge­wor­ben, das die viel­schich­ti­gen Ent­wick­lun­gen Japans im Jahr 2015 reprä­sen­tie­re. Von ins­ge­samt abge­ge­be­nen 129.647 fiel mit 5.632 Stim­men (= 4,3 %) die Wahl auf das Schrift­zei­chen  mit den Lesun­gen an / yasu[-i] - yasun[-jiru] – izu[-kunzo] sowie sei­nen Bedeu­tungen „sicher“, „fried­lich“, „bequem“ und „bil­lig“. Wie schon sei­ne Vor­gän­ger der Jah­re 2013 und 2014 und wie das „Schrift­zei­chen der Zukunft“ (mirai no kan­ji 未来の漢字) wur­de das dies­jäh­ri­ge chi­ne­si­sche Sie­ger­zei­chen auch in einer kal­li­gra­phi­schen Zere­mo­nie im Kiyomizu-dera (清水寺) vom Vor­stand die­ses bud­dhis­ti­schen Tem­pels Mori Sei­han 森清範 der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt. Wei­ter­le­sen

Publikation: „Jesus in Japan“-Tradition & die „Takeuchi-Dokumente“

Vor eini­ger Zeit habe ich für die Fest­schrift von Herrn Prof. Dr. Wolf­gang Sei­fert (Uni­ver­si­tät Hei­del­berg) anläß­lich sei­ner Pen­sio­nie­rung einen Text zur „Jesus in Japan“-Tradition im Kon­text des Shintô-Nationalismus ver­faßt, der nun erschie­nen ist. Die Grund­la­ge für die­ses Manu­skript bil­de­ten ers­te Ergeb­nis­se mei­ner For­schung zu den soge­nann­ten „Takeuchi-Dokumenten“ (Takeuchi mon­jo 竹内文書) als einem von Takeuchi Kiyo­ma­ro 竹内巨麿 (1874/5(?)-1965) am Über­gang der Taishô- zur Shôwa-Zeit, also in der zwei­ten Hälf­te der 1920er Jah­re, prä­sen­tier­ten Kor­pus von Tex­ten und Arte­fak­ten. Einer der Kern­in­hal­te die­ses Kor­pus begrün­de­te eine „Jesus in Japan“-Tradition, nach der Jesus Chris­tus nicht etwa am Kreuz starb, son­dern vor der Hin­rich­tung nach Japan flüch­te­te und sich im Nor­den des Lan­des, in der heu­ti­gen Prä­fek­tur Aom­ori 青森県, ansie­del­te. Im März 2014 hat­te ich die Gele­gen­heit, das angeb­li­che „Grab Chris­ti“ (Kiri­suto no haka キリストの墓) im Dorf Shin­gô 新郷 zu besu­chen. Über die­se Rei­se, deren Moti­va­ti­on und Hin­ter­grün­de habe ich schon an ande­rer Stel­le berich­tet. In dem nun publi­zier­ten Text unter­su­che ich die „Takeuchi-Dokumente“ im Kon­text der Bio­gra­phie ihres „Ent­de­ckers“ vor dem Hin­ter­grund der Geschich­te Japans in der Moder­ne und gehe den Wur­zeln jener „Jesus in Japan“-Tradition als einem der Kern­ele­men­te des Text­kor­pus nach. Die Inhal­te die­ser Doku­men­te, mit denen die „Reichs­ge­schich­te“ Japans seit der Ur- und Früh­ge­schich­te zu einer „Welt­ge­schich­te“ über­höht wird, sind so reich­hal­tig, daß ich sie in zukünf­ti­gen Publi­ka­tio­nen wei­ter ana­ly­sie­ren wer­de. Jetzt erschie­nen ist:

★ Sprot­te, Maik Hen­drik (2015): „Chris­tus kam nur bis Japan. Takeu­chi Kiyo­ma­ro (1874—1965) und sei­ne ‚Uni­ver­sa­li­sie­rung‘ des Shin­tô.“ In: Zach­mann, Urs Mat­thias/ Uhl, Chris­ti­an (Hg.): Japan und das Pro­blem der Moder­ne. Wolf­gang Sei­fert zu Ehren. Mün­chen: Iudi­ci­um, S. 376—393.

Das „Schriftzeichen der Zukunft“ (未来の漢字) – die Behaglichkeit und Freude

Das Schriftzeichen gaku - raku / tanoshii - tanoshimu 楽 mit seinen Bedeutungen wie etwa "behaglich", "bequem", "fröhlich" und "vergnüglich"Viel­leicht ist es das Vor­recht der Kin­der, opti­mis­tisch in die Zukunft zu bli­cken. Mög­li­cher­wei­se aber ist es auch nur eine Aus­drucks­form einer Erzie­hung, die den Ängs­ten und Sor­gen posi­ti­ve Wün­sche für eine gedeih­li­che zukünf­ti­ge Ent­wick­lung vor­zieht. Zwei­fels­oh­ne gäbe es im 21. Jahr­hun­dert welt­weit  über die Gene­ra­tio­nen­gren­zen hin­weg aus­rei­chend Anlaß, sich Sor­gen zu machen. Unge­ach­tet der Tat­sa­che, daß die Kri­sen und Pro­ble­me moder­ner Gesell­schaf­ten auch die Kin­der in ihrem Erle­ben und Den­ken errei­chen, schei­nen sie sich eine Por­ti­on der Zuver­sicht erhal­ten zu haben – zumin­dest in Japan und in einer über­schau­ba­ren Zahl. Anläß­lich der Bekannt­ga­be des 20. „Schrift­zei­chens des Jah­res“ (koto­shi no kan­ji 今年の漢字) Mit­te Dezem­ber 2014, von der ich bereits berich­te­te, wur­de von der „Japa­ni­schen Gesell­schaft zur Über­prü­fung der kan­ji–Fähig­keit“ (Nihon kan­ji nôryo­ku ken­tei kyô­kai 日本漢字能力検定協会) unter den Schü­lern des 1. bis 6. Schul­jah­res in japa­ni­schen Grund­schu­len auch ein „Schrift­zei­chen der Zukunft“ (mirai no kan­ji 未来の漢字) ein­ge­wor­ben. Unter den zehn Schrift­zei­chen, die die meis­ten Stim­men der 6.387 Abge­ge­be­nen auf sich ver­ei­nen konn­ten, waren aus­nahms­los Schrift­zei­chen mit einer zutiefst posi­ti­ven Kon­no­ta­ti­on. Mit 674 Stim­men gewann das Schrift­zei­chen gakuraku / tano­shiitano­shi­mu mit sei­nen Bedeu­tun­gen wie etwa „behag­lich“, „bequem“, „fröh­lich“ und „ver­gnüg­lich“. Wei­ter­le­sen