Zumindest sind sie offenbar nicht justitiabel. Vor einigen Monaten berichtete ich von einer recht ungewöhnlichen Klage eines Pensionärs, dem die Entwicklung der japanische Sprache nicht völlig gleichgültig ist, gegen den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK. Takahashi Hôji 高橋鵬二 hatte im vergangenen Jahr mit der Behauptung, durch einen zu häufigen Gebrauch englischer Lehnwörter in der japanischen Sprache in Fernsehsendungen des Staatsfernsehens „seelische Qualen“ (seishin-teki kutsû 精神的苦痛) zu erleiden, eine Schadenersatzklage vor dem Landgericht Nagoya (Nagoya chisai 名古屋地裁) angestrengt. Bereits am 12. Juni erging in der Sache das Urteil: Weiterlesen
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Er kenne kein anderes Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgehe. Mit dieser Einschätzung wurde Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) bereits im Jahr 2010 zitiert, als er in seinem Ressort den Anglizismen in der deutschen Sprache den Kampf ansagte. Ein „Flipchart“ seines Hauses wurde so offenbar wieder zum „Tafelschreibblock“, ein „Meeting“ zu einer „Besprechung“ und ein „Laptop“ zum „Klapprechner“. Da bekanntlich nur der stete Tropfen den Stein höhlt, dauerte es noch drei Jahre, bis auch die Deutsche Bahn 2013 erklärte, nunmehr diesem Vorbild folgen zu wollen, in dem man zur Pflege der deutschen Sprache künftig Anglizismen – soweit möglich – vermeiden wolle. Wenn es dann auch bedauerlich scheint, statt auf den für „kiss & ride“ vorgesehenen Parkplätzen doch möglicherweise zukünftig nur wieder in der „Kurzzeitparkzone“ Abschied nehmen zu können, mag dieses Vorgehen begrenzt die Kommunikation in der Gesellschaft über die Generationengrenzen hinweg erleichtern. Dem Bundesminister sei dennoch eine Reise nach Japan empfohlen, denn so könnte er jenseits seiner auf den nationalen Bereich beschränkten Sichtweise vielleicht ein weiteres „Land der Erde“ kennenlernen, in dem er sprachlich Begeisterte treffen könnte, die seine Ansichten hinsichtlich der Respektlosigkeit des sprachlichen Umgangs nahezu deckungsgleich zu teilen scheinen und gleichermaßen die sprachliche Entwicklung ihres Landes kritisieren.
Im Sommer 2013 war beispielsweise auch für den 71-jährigen Takahashi Hôji 高橋鵬二 eine Grenze überschritten. Als Verantwortlicher eines „Vereins, der die japanische Sprache hochschätzt“ (Nihongo o taisetsu ni suru kai 日本語を大切にする会) reichte der in der Stadt Kani in der Präfektur Gifu 岐阜県可児市 ansässige ehemalige Beamte über seinen Anwalt eine Schadenersatzklage beim Landgericht Nagoya (Nagoya chisai 名古屋地裁) gegen die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt NHK (Nihon hôsô kyôkai 日本放送協会) ein. Anlaß seiner Klage waren „seelische Qualen“ (seishin-teki kutsû 精神的苦痛), die durch den übermäßigen Gebrauch von Lehnwörtern, vornehmlich englischer Provenienz, in Sendungen des öffentlichen rechtlichen Fernsehens verursacht worden sein sollen. Inhaltlich wandte er sich gegen den „widerrechtlichen Gebrauch“ von Lehnwörtern in Fernsehsendungen, selbst dann, wenn dieser völlig unnötig sei. Mögen junge Menschen auch diese Fremdwörter verstehen, könnte eine ältere Person Begriffe wie etwa アスリート (asurîto, = athlete, = Athlet) oder コンプライアンス (konpuraiansu, = compliance, = Einwilligung, Konformität, Übereinstimmung, Ordnungsmäßigkeit) inhaltlich nicht erfassen. Der übermäßige Gebrauch von Fremdsprachen führe bei Personen, die diesem gegenüber ein Unwohlsein empfänden, zu unnötigen seelischen Qualen und stelle somit ein „Delikt“ (fuhô kôi 不法行為) gemäß § 709 des japanischen Bürgerlichen Gesetzbuches (minpô dai-709-jô 民法第709条) dar. Gerade ein öffentlich-rechtlicher Sender wie NHK sei aber zu einer allseits verständlichen Ausdrucksweise verpflichtet. Nachdem die Beantwortung eines Schreibens zum Gebrauch von Lehnwörtern durch NHK nicht erfolgt sei, habe sich Takahashi zur Klage veranlaßt gesehen. Weiterlesen
Im Wintersemester 2013/14 halte ich gemeinsam mit Prof. Dr. Manfred Hettling (Institut für Geschichte) ein Oberseminar zur „Bürgergesellschaft in Deutschland und Japan im Vergleich“ am Internationalen Graduiertenkolleg „Formenwandel der Bürgergesellschaft. Deutschland und Japan im Vergleich“, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Am 26. Juni 2013 habe ich am Ostasiatischen Institut (Japanologie) der Universität Leipzig einen Vortrag mit dem Titel „Die ‚Nachrichten des Windes‘ (kaze no tayori 風の便り): Zur Wirkung von Gerüchten (uwasa 噂) und Falschmeldungen (ryûgen higo 流言蜚語) in den Erdbebenkatastrophen 1923 und 2011“ gehalten. Dieser Vortrag wurde mitgeschnitten und ist nun auf den Youtube-Channel der Japanologie Leipzig eingestellt worden: Weiterlesen
Ein Aufsatz als gekürzter Nachdruck meines Arbeitspapieres zur Zivilgesellschaft vor 1945 ist in einer Publikation über die Bürger-Staat-Beziehungen in Japan erschienen:
Sprotte, Maik Hendrik (2013): „Zivilgesellschaft als staatliche Veranstaltung? Eine Spurensuche im Japan vor 1945.“ In: Foljanty-Jost, Gesine/ Hüstebeck, Momoyo (Hg.): Bürger und Staat in Japan. Halle/Saale: Universitätsverlag Halle-Wittenberg (= Schriften des Zentrums für Interdisziplinäre Regionalstudien, Band 3), S. 89—129. ⇒ zum Volltext dieser Publikation.
Greenpeace hat knapp einen Monat vor dem 2. Jahrestag der Dreifachkatastrophe im Osten Japans einen Bericht über die – nach Meinung dieser Organisation – völlig unzureichende Entschädigungspraxis der Tokyo Electric Power Company (TEPCO) als Betreiber des Kernkraftwerkes Fukushima und zur Verantwortung führender Unternehmen am Reaktorunfall, die allerdings aufgrund der herrschenden Rechtslage nicht in deren Beteiligung an Entschädigungen mündete, veröffentlicht: Weiterlesen
Im Rahmen des vom damaligen Generalsekretär Kofi Annan initialisierten Reformprozesses der Vereinten Nationen löste der UN-Menschenrechtsrat (United Nations Human Rights Council, kurz: UNHRC) 2006 die seit 1946 bestehende UN-Menschenrechtskommission (United Nations Commission on Human Rights, kurz: UNCHR) ab. Neben einer Verkleinerung der Zahl der Ratsmitglieder von 53 auf 47 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wurde zudem ein neues Instrumentarium zur Untersuchung der weltweiten Menschenrechtssituation geschaffen: die sogenannte „Universelle Periodische Überprüfung“ (Universal Periodic Review, kurz: UPR) der mit den Menschenrechten in Zusammenhang stehenden Lage in allen 193 Mitgliedstaaten. Alle 4 Jahre haben sich die Mitglieder der Vereinten Nationen einem mehrstufigen, höchst institutionalisierten Prozess zur Überprüfung der Menschenrechtssituation ihres Landes zu unterziehen. Im Oktober 2012 war es Japan, das sich zum zweiten Mal diesem Verfahren zu stellen hatte. Weiterlesen