Christus kam nur bis Japan – Takeuchi Kiyomaro 竹内巨麿 (1875–1965) und seine „Universalisierung“ des Shintô:
Eine erste Publikation zu diesem Thema ist inzwischen erschienen:
Sprotte, Maik Hendrik (2015): „Christus kam nur bis Japan. Takeuchi Kiyomaro (1874—1965) und seine ‚Universalisierung‘ des Shintô.“ In: Zachmann, Urs Matthias/ Uhl, Christian (Hg.): Japan und das Problem der Moderne. Wolfgang Seifert zu Ehren. München: Iudicium, S. 376—393.
Projektskizze:
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre gab Takeuchi Kiyomaro 竹内巨麿 (1875–1965), Gründer der in Shintô-Tradition stehenden „neuen Religion“ (shintô-kei shin-shûkyô 神道系新宗教) Amatsu-kyô (天津教), bekannt, im Besitz eines seit Jahrhunderten in seiner Familie tradierten Textkorpus, den so genannten Takeuchi monjo (竹内文書), sowie zahlreicher Artefakte zu sein. Deren Inhalte standen nicht nur im Widerspruch zur „herrschenden Lehre“ des kokutai (国体), da sie eine ununterbrochene Dynastie japanischer Tennô mit Jinmu tennô 神武天皇 als deren Beginn in Frage stellten, sondern weil zugleich in ihrer Darstellung der Urgeschichte ein vom kojiki 古事記 und Nihon shoki 日本書紀 fundamental abweichender Schöpfungsmythos Japans propagiert wurde. Obgleich schon in der zeitgenössischen Diskussion die Authentizität der heute weitgehend nicht mehr erhaltenen Dokumente bezweifelt wurde, lassen sich deren Inhalte in ihrer politischen Exegese in den Kontext des japanischen Nationalismus einbetten, zumal sie den Shintô zur Ausgangsreligion aller anderen Religionen erhoben, deren Stifter zu ihrer Zeit in Japan ausgebildet worden seien. Dies folgt dem Grundsatz der Speisung „aller Religionen aus einer Wurzel“ (bankyô dôkon 万教同根). Zudem entstand auf der Grundlage der Takeuchi-Dokumente in dem Versuch einer „Japanisierung des Christentums“ eine bis in die Gegenwart erhaltene „Jesus in Japan“-Tradition, der zu Folge Christus (ebenso wie Moses) in Japan gestorben und begraben worden sei.
Im Umfeld des sich nach der Verabschiedung des „Gesetzes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“ (chian iji-hô 治安維持法) 1925 verschärfenden Vorgehens gegen die so genannte „Ketzerei“ (jakyô 邪教) bzw. „Pseudo-Religionen“ (ruiji shûkyô 類似宗教) soll in einer weniger religionswissenschaftlichen, als vielmehr historischen Analyse dem Konfliktpotential dieser religiös-politischen Uminterpretation der (japanischen) Urgeschichte im Kontext des Nationalismus der frühen Shôwa-Zeit nachgegangen werden.
(2011)
★ In meinem Blog gibt es jetzt zudem als ergänzende Information einen Beitrag über das sogenannte „Christus-Fest“ (Kirisuto matsuri キリスト祭り), das seit 1963 jährlich am von Takeuchi „entdeckten“, angeblichen Jesusgrab im Dorf Shingô 新郷村, im südlichen Teil der Präfektur Aomori 青森県, stattfindet.
(2012)
★ In einem weiteren Onlinebeitrag in meinem Blog berichte ich von meiner Reise zum angeblichen „Grab Christi“ (Kirisuto no haka キリストの墓) im Dorf Shingô 新郷村, im südlichen Teil der Präfektur Aomori 青森県, die ich im März 2014 unternommen habe.
(2014)
Zu den Takeuchi-Dokumenten habe ich bisher folgende Vorträge gehalten:
11.2018 | „ ‚Ex oriente lux‘ – Über das Narrativ eines Lebens und Sterbens von Moses und Jesus Christus in Japan““, 32. Tagung der „Initiative zur historischen Japanforschung“, Universität Leipzig. |
06.2018 | „‚Gast bin ich in fremdem Land‘ − Das Narrativ über Leben und Sterben von Moses und Jesus Christus in Japan“, Lange Nacht der Wissenschaften Berlin + Potsdam, Freie Universität Berlin. |
08.2014 | „‚The History of Japan is Nothing Less than the History of the World‘ — The ‚Takeuchi Documents‘ as Reinterpretation of the Mythological and Historical Past“ im Rahmen der 14. Internationalen Tagung der „European Association of Japanese Studies“ (EAJS) an der Universität von Ljubljana (Slowenien). |
02.2011 | „Christus kam nur bis Japan. Takeuchi Kiyomaro (竹内巨麿, 1875—1965) und seine ‚Globalisierung‘ des Shintô“ im Rahmen der internationalen Konferenz „Globalization, Identity, and Regional Integration in East Asia, 1861—2011″ an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. |